Ich verstehe diese Verwirrung schon seit Schülerzeiten nicht. Ich versuche mal zu erklären, wie ich es verstehe, wie es zu solch einem Kuddelmuddel kommt.
Rein physikalisch betrachtet ist es ganz einfach. Da definiert man die elektrische Ladung (z.B. indem man den Ladungsbegriff über das statische Coulombgesetz auf den Kraftbegriff zurückführt), und dann hat man den Begriff der Ladungsdichte
, d.h. die Ladung pro Volumeneinheit im Punkt
, gemessen zur Zeit
. Jetzt kann Ladung strömen, und das beschreibt man durch einen Stromdichtevektor
. Der hat die folgende Bedeutung: Man stelle sich eine beliebige sehr kleine Fläche bei
vor und ordne dieser kleinen Fläche einen Vektor zu, dessen Länge senkrecht zu der Fläche steht und dessen Länge der Fläche entspricht, wobei die Richtung dieses Vektors zunächst egal ist. Dann strömt pro Zeiteinheit durch diese Fläche eine Ladung
Die Wahl der Richtung des Flächenelementvektors
bestimmt dann eindeutig, in welchem Sinne die Stromrichtung hier gemeint ist.
Nun ist freilich die Ladung an Teilchen gebunden, und in gewöhnlichen Metallen sind es die Elektronen (genauer gesagt die Leitungselektronen), die den Stromfluß bewirken. Für die makroskopische Elektrodynamik betrachten wir die Elektronen im Sinne der Kontinuumsmechanik als ein Gas, das durch die Teilchenzahldichteverteilung
und die Geschwindigkeit des Gases
beschrieben werden. Die Ladung eines Elektrons ist
, also eine negative Elementarladung. Die Ladungsdichte ist also
.
Was ist nun die Stromdichte? Das kann man sich leicht dadurch überlegen, daß man fragt, wieviele Elektronen pro Zeiteinheit durch eine Fläche mit Flächenvektor
strömen, und die ist durch
gegeben, wie man sich leicht durch eine Skizze klar macht. Die durchgeflossene Ladung ergibt sich nun durch Multiplikation mit
, also der einem Elektron anhaftenden Ladung. Daraus schließt man, daß die elektrische Stromdichte
ist. Das bedeutet, daß aufgrund der negativen Ladung der Elektronen der Stromdichtevektor stets dem Teilchenstrom entgegengerichtet ist.
Wahrscheinlich rührt daher die etwas seltsame Unterscheidung in technische und physikalische Stromdichte, obwohl diese Begriffsbildung immer wieder Anlaß zur Verwirrung gibt und eigentlich in einem modernen Physikunterricht nichts verloren hat. Man sollte immer die ebenso anschauliche wie physikalisch korrekte Definition mit dem Stromdichtevektor verwenden. Dann entsteht keine Verwirrung!