Arbeitsstelle für Semiotik AfS

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Die „Zeitschrift für Semiotik“: Abstracts 

Zeichen-Metamorphosen
Jahr: 1992
Band:  14
Heft: 4

 

Raimo Anttila
Dynamisches Objekt, Kontext und finaler Interpretant

André Delobelle
Simultaneität und Sukzession: Der Zeichenprozeß als Zustandsänderung

James R. Hurford
Bedeutung und private Regelbefolgung

Jaroslaw Jiránek
Symptom, Index, Konnotation

Rudi Keller
Zeichenbedeutung und Bedeutungswandel

Rudi Keller
Schlußprozesse in der Kommunikation
 


Dynamisches Objekt, Kontext und finaler Interpretant

Raimo Anttila, Universität von Kalifornien, Los Angeles 

Zusammenfassung. Der Verfasser stimmt Kellers These zu, daß die Entwicklung menschlicher Zeichensysteme darauf beruht, daß die Zeichen dazu neigen, von der Kategorie des Index in die des Ikons und von der des Ikons in die des Symbols überzugehen, wobei ein Symbol seinerseits als Index höherer Ordnung (Metonymie) oder Ikon höherer Ordnung (Metapher) verwendet werden kann. Doch findet der Verfasser eine Reihe von unklaren Punkten in Kellers Konzeption und versucht, sie in den Begriffen von Peirce zu formulieren. Er hebt die Rolle hervor, die der Kontext bei der Zeicheninterpretation spielt, und schlägt vor, ihn in den Zeichenprozeß zu integrieren, indem er die Peircesche Unterscheidung zwischen dem unmittelbaren und dem dynamischen Objekt des Zeichens heranzieht. Darüber hinaus zeigt er, daß die Kellersche Distinktion zwischen Bedeutung und Sinn der Peirceschen Unterscheidung zwischen dem unmittelbaren und dem dynamischen Interpretanten des Zeichens entspricht, und fragt, warum es in Kellers Ansatz kein Gegenstück zu Peirces Begriff des finalen Interpretanten gibt. 
 


Simultaneität und Sukzession: Der Zeichenprozeß als Zustandsänderung

André Delobelle, Institut des Hautes Etudes des Communications Sociales, Brüssel 

Zusammenfassung. Der Verfasser stellt der physikalischen Welt und ihrem schnellen Wandel das denkende Subjekt und seine Beständigkeit gegenüber. In den Handlungen des Subjekts unterscheidet er die Sukzession der physischen Ereignisse (äußerer Aspekt der Handlung) von der Simultaneität der Handlungsmotive (innerer Aspekt der Handlung). Simultaneität und Sukzession kennzeichnen auch die Stadien des Sprechaktes: (a) im Formulierungsprozeß wählt das Subjekt die zu äußernden Zeichen aus simultan gegebenen Paradigmen von virtuellen Zeichen aus; (b) bei der Zeichenäußerung werden die gewählten Zeichen sukzessive produziert; (c) in dem dabei entstandenen Text sind die Zeichen simultan gegeben und durch syntagmatische Beziehungen miteinander verknüpft. Diese Analyse veranlaßt den Verfasser, zwei verschiedene Typen von Zeit zu postulieren: die qualitative, nicht-deterministische, nicht-lineare Zeit der psychischen Phänomene und die quantitative, deterministische, lineare Zeit der physischen Phänomene. Phänomene des ersten Zeittyps können zur Erklärung und Vorhersage von Phänomenen des zweiten herangezogen werden, aber nicht umgekehrt. 
 


Bedeutung und private Regelbefolgung

James R. Hurford, Universität Edinburgh 

Zusammenfassung. Der Verfasser stimmt Kellers These zu, daß in menschlichen Zeichensystemen Ikone zu Symbolen werden, wenn sie häufig und gemäß Regeln angewandt werden. Er kritisiert jedoch Kellers Konzeption der Regeln als sozialer Gegebenheiten und befürwortet einen Regelbegriff, der in den Rahmen der Individualpsychologie paßt. 
 


Symptom, Index, Konnotation

Jaroslaw Jiránek, Prag 

Zusammenfassung. Der Verfasser stimmt Kellers Ansatz insgesamt zu und betont dabei besonders die Auffassung von Metonymie als Metaindex und der Metapher als Metaikon. Er kritisiert, daß die Behandlung semiotischer Fragestellungen zu sehr von der Sprache als Beispiel ausgeht, und bringt Argumente gegen die Reduktion des Index auf das Symptom, der Ähnlichkeit auf die Gleichheit und der Konnotation auf die Assoziation. 
 


Zeichenbedeutung und Bedeutungswandel

Rudi Keller, Universität Düsseldorf 

Zusammenfassung. Der Autor unterscheidet symptomische, ikonische und symbolische Zeichenbedeutung systematisch vom Sinn der Zeichenverwendung und versteht die Zeichenbedeutung als Mittel zur Mitteilung eines Sinns. Er untersucht zunächst, wie Symptome zu Ikonen und Ikone zu Symbolen werden, ohne daß eine planende Hand beteiligt ist. Dann führt er aus, wie aus Symbolen neue Symbole entstehen können, indem die Verfahren der Symptombildung und Ikonbildung auf sie angewandt werden. Wird das Symptombildungsverfahren auf ein Symbol angewandt, so entsteht eine Metonymie, wird das Ikonbildungsverfahren auf ein Symbol angewandt, so entsteht eine Metapher. Metonymien und Metaphern sind somit Symptome bzw. Ikone zweiter Ordnung, die ihrerseits wieder zu Symbolen werden können. 
 


Schlußprozesse in der Kommunikation

Rudi Keller, Universität Düsseldorf 

Zusammenfassung. In Erwiderung auf die Kritiken von  Hurford, Jiránek und Anttila wiederholt der Autor zunächst seine beiden Hauptthesen: 1. Sprachliche Zeichen sind keine statischen Einheiten, denen bisweilen das Mißgeschick des Wandels widerfährt. 2. Kommunizieren ist kein Problem des Bedeutungstransports. Gegenüber Hurford räumt Keller ein, daß Raten eine wichtige Rolle beim Kommunizieren spielt, und er benutzt Peirces Klassifikation der Schlußweisen in Deduktion, Induktion und Abduktion, um die Typen des Ratens in der Kommunikation zu bestimmen. Hurfords These, daß der Regelbegriff im Rahmen der Individualpsychologie definierbar sein sollte, stimmt er zu, vertritt aber zugleich auch Wittgensteins Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache. Was Jiránek betrifft, so verteidigt Keller seine Verwendung des Symptombegriffs anstelle des weiteren Peirceschen Indexbegriffs und akzeptiert die Möglichkeit von Konnotationen als intersubjektiven Erscheinungen. Gegenüber Anttila betont Keller den intrinsischen Charakter des Zeichenwandels sowie den Unterschied zwischen einer Semiose als Zeichenprozeß, der Sender, Interpreten und dynamische Objekte umfaßt, und einem Zeichen, das diese nicht umfaßt. 
 
 
 

 


 
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