| Weiterführende Informationen 1: Der ZeichenbegriffDas semiotische DreieckFür Charles Sanders Peirce besteht 
        ein Zeichen aus drei Konstituenten - einem Zeichen im engeren Sinne, einem 
        Objekt und einem Interpretanten -, die jeweils miteinander in Beziehung 
        stehen. Zu dieser dreistelligen Relation (vgl. Abb. 1.6.1) schreibt Peirce:"Ein Zeichen oder Repräsentamen, 
        ist etwas, das für jemanden in einer gewissen Hinsicht oder Fähigkeit 
        für etwas steht. Es richtet sich an jemanden, d.h. es erzeugt im 
        Bewußtsein jener Person ein äquivalentes oder vielleicht ein 
        weniger entwickeltes Zeichen. Das Zeichen, welches es erzeugt, nenne ich 
        den Interpretanten des ersten Zeichens. Das Zeichen steht für 
        etwas, sein Objekt. Es steht für das Objekt nicht in jeder 
        Hinsicht, sondern nur in bezug auf eine Art von Idee. [...] Idee' 
        soll dabei so verstanden werden, wie wir sagen, daß jemand die Idee 
        eines anderen mitbekommt" (Peirce 1966, 2.228).
 
         
          | Abb. 1.6.1: Das semiotische 
            Dreieck |  Zur Erläuterung dieser Beziehungen sei als Beispiel das Wort "Fee" 
        verwendet. Unter dem Repräsentamen ist das wahrnehmbare Mittel 
        der Repräsentation des Objektes zu verstehen, d.h. in diesem Fall 
        die materielle Erscheinungsform als Buchstabenreihung F e e - gleichsam 
        als Zeichenkörper. Das Repräsentamen wird auch als "das 
        Zeichen an sich" beschrieben, um auf seine materiellen Qualitäten 
        hinzuweisen:"Da ein Zeichen nicht 
        mit dem bezeichneten Ding identisch ist, sondern von dem letzteren in 
        verschiedener Hinsicht differiert, muß es selbstverständlich 
        einige Merkmale besitzen, die an sich zu ihm gehören und nichts mit 
        seiner repräsentativen Funktion zu tun haben. Diese nenne ich die 
        materiellen Qualitäten eines Zeichens. Als Beispiel solcher Qualitäten 
        ist z.B. bei dem Wort Mensch' das Faktum zu verstehen, daß 
        es (geschrieben) aus sechs Buchstaben besteht, zweidimensional und ohne 
        Relief ist" (Peirce 1967, S. 200f.; zit. n. Nagl 1992, S. 35). Die 
        materielle Eigenschaft des Zeichens, die es zu einem wahrnehmbaren und 
        intersubjektiv vermittelbaren Gegenstand werden lässt, ist hinsichtlich 
        der Zeichenfunktion arbiträr, d.h. willkürlich.
 Das Interpretierende (der Interpretant) ist nach Peirce 
        etwas, das eine Bezeichnung interpretiert, d.h. die Bedeutung einer Bezeichnung 
        bzw. "die Vorstellung, die sich eine Person von dem Zeichen und damit 
        dem Objekt bildet" (Nöth 1975, S. 11). Der Begriff 
        "Fee" würde im Beispiel das Repräsentamen Fee interpretieren, 
        ist also selbst ein (interpretierendes) Zeichen. Dadurch kann der Zeichenprozess 
        grundsätzlich zu einem Prozess ad infinitum weitergedacht werden, 
        allerdings ist "dieser semiotische infinite Regreß ... als 
        ein in seiner Unendlichkeit nie aktualisierter Prozeß zu sehen, 
        d.h. er wird nie tatsächlich vollzogen" (Lenke/ Lutz / Sprenger 
        1995, S. 44).
 Der Interpretant eines Zeichens ist nicht zu verwechseln mit dem 
        Interpreten eines Zeichens, d.h. einer Person, die ein Zeichen als solches 
        erkennt und bei der sich eine entsprechende Vorstellung ausbildet. Auf 
        diesen Unterschied und auf die vermittelnde Funktion des Interpretanten 
        zwischen dem Repräsentamen und dem bezeichneten Objekt hebt Peirce 
        in folgendem Zitat ab: "Das Zeichen erzeugt etwas im Verstand des 
        Interpreten, wobei dieses Etwas, indem es so durch das Zeichen erzeugt 
        worden ist, auch durch das Objekt des Zeichens in einer mittelbaren und 
        relativen Weise erzeugt worden ist, obwohl das Objekt essentiell 
        anders ist als das Zeichen. Und dieses durch das Zeichen Erzeugte wird 
        Interpretant genannt"
 (Peirce 1966, 8.179; Hervorhebung im Original - B.H.).
  Ein Objekt ist - z.T. entgegen der umgangssprachlichen Verwendung - 
        ein wahrnehmbares, erkennbares oder auch nur denkbares Objekt. Es kann 
        also im Peirceschen Sinne sowohl ein reales gegenständliches Objekt 
        als auch ein Bewusstseinsobjekt sein. Das Objekt Fee ist in diesem Falle 
        ein (ideales) Gedankenobjekt, das z.B. in einem Märchen vorkommt. 
        Das Repräsentamen Fee ordnet den Begriff der Feenhaftigkeit (den 
        Interpretanten) auch nicht einem bestimmten Objekt (z.B. der Fee Scheliwa 
        in einem bestimmten Märchen), sondern einer offenen Menge von Objekten 
        zu, die die Eigenschaften einer Fee besitzen oder die "Idee" 
        einer Fee repräsentieren. Ikonische, symbolische und indexikalische ZeichenPeirce hat im Laufe seiner Arbeiten - in vielen Ergänzungen, 
        Abwandlungen und Erweiterungen - Zeichenklassen entwickelt, deren "most 
        fundamental" die Unterscheidung in Ikon, Index und Symbol ist (Peirce 
        1966, 2.275). Diese Unterscheidung wird häufig als Differenzierung 
        nach dem Objektbezug bezeichnet. Dadurch wird allerdings etwas verschleiert, 
        dass die Unterscheidung sich auf die Beziehungsart zwischen Repräsentamen 
        und Objekt bezieht (vgl. Abb. 1.6.2), die Peirce wie folgt ausführt:
 "... denn es gibt eine 
        dreifache Verbindung von Zeichen, gemeinter Sache und der 
        im Geist hervorgerufenen Erkenntnis. Es kann eine bloße Vernunftbeziehung 
        zwischen dem Zeichen und dem bezeichneten Ding geben; in diesem Falle 
        ist das Zeichen ein Ikon. Oder es kann eine direkte physische Verbindung 
        sein; in diesem Falle ist das Zeichen ein Index. Oder es könnte sich 
        um eine Verbindung handeln, die in der Tatsache besteht, daß der 
        Geist das Zeichen mit seinem Objekt assoziiert; in solch einem Fall ist 
        das Zeichen ein Name (oder Symbol)"
 (Peirce 1966, 1.372, zit. n. ARRO YA BE 1982, S. 79; Hervorhebungen 
        im Original - B.H.).
 
         
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          | Abb. 1.6.2: Differenzierung 
            von Zeichen nach der Beziehung Repräsentamen-Objekt |  Die Beziehungsmodi zwischen dem Repräsentamen und dem Objekt lassen 
        sich demnach - in etwas anderer Terminologie - durch die Aspekte der Ähnlichkeit, 
        der Konventionalität und der sachlichen Verbindung charakterisieren 
        (vgl. Abb. 1.6.2).  a) Ikonische Zeichen:Ein gemaltes Bild eines Hauses beispielsweise ist in der Differenzierung 
        von Peirce ein ikonisches Zeichen, weil es mit dem Objekt, das 
        es repräsentiert, eine Ähnlichkeit hat. In Abhängigkeit 
        von der "Realitätsnähe" des ikonischen Zeichens bzw. 
        dem Grad der Abstraktion vom bezeichneten Objekt unterscheidet Peirce 
        die ikonischen Zeichen noch einmal in Bilder, Diagramme und Metaphern 
        (vgl. Peirce 1966, 2.277). Die Beziehung zwischen Repräsentamen 
        und Objekt kann bei Bildern aufgrund "einfacher Qualitäten" 
        hergestellt werden, bei Diagrammen beruht der Bezug auf Analogiebeziehungen 
        zwischen den Teilen des Objekts und des Repräsentamens und bei Metaphern 
        wird die Ähnlichkeitsbeziehung durch konventionelle Regeln zur Bildung 
        eines Parallelismus unterstützt:
 "Those which partake of 
        simple qualities ..., are images; those which represent the relations, 
        mainly dyadic, or so regarded, of the parts of one thing by analogous 
        relations in their own parts, are diagrams; those which represent 
        the representative character of a representamen by representing as a parallelism 
        in something else, are metaphors" (Peirce 1966, 
        2.277).
 Hier wird auch deutlich, dass ikonische Zeichen nicht auf visuell wahrnehmbare 
        Zeichen beschränkt sind. Als Beispiele nennt Peirce Fotografien oder 
        Gemälde für Bilder, Repräsentationen geografischer Territorien 
        als Diagramme (im Gegensatz zum z.B. mathematischen Graphen) und Fuchs 
        als Metapher für einen schlauen Menschen. Wichtig ist jeweils die 
        Ähnlichkeitsbeziehung.
 b) Indexikalische Zeichen:Ein indexikalisches Zeichen in Form von Symptomen wie z.B. Fieber und 
        beschleunigter Puls verweist auf eine Krankheit, d.h. zwischen den Symptomen 
        als Zeichen und der Krankheit besteht eine sachliche Verbindung. Eine 
        wesentliche Funktion des indexikalischen Zeichens ist es, die Aufmerksamkeit 
        des Interpreten auf das bezeichnete Objekt zu lenken, auf dieses hinzuweisen. 
        Objekt und Repräsentamen stehen dabei in einer raum-zeitlichen Kontiguität. 
        Beispielsweise kann ein Wetterhahn nur dann ein Index für die Windrichtung 
        sein, wenn das zeitliche und räumliche Auftreten von Wind und Wetterhahn 
        zusammenfallen (vgl. Peirce 1966, 2.286).
 c) Symbolische Zeichen:Ein symbolisches Zeichen ist z.B. ein Verkehrsschild, das allein durch 
        Konvention zu seinem Objekt in Beziehung gesetzt wird. Dazu ist insbesondere 
        ein interpretierendes Bewusstsein, d.h. ein Interpret erforderlich.
 Ein übergeordnetes Kriterium, unter dem Peirce die Ausdifferenzierung 
        der Zeichen in Ikon, Index und Symbol vornimmt, ist die Arbitrarität 
        der Zeichen. Peirce spricht auch von der Stufung hinsichtlich der Zeichenhaftigkeit. 
        Der Arbitraritätsgrad gibt an, in welchem Maße "die Herstellung 
        der Objektrelation von dem Interpreten des Zeichens abhängt" 
        (Nöth 1975, S. 17). Das Symbol weist daher den höchsten 
        Arbitraritätsgrad auf, weil es vom Interpreten als solches nur aufgrund 
        von Konventionen erkannt und gedeutet wird und die jeweilige Konvention 
        letztlich beliebig ist. "Das Ikon wird am wenigsten arbiträr 
        angesehen, da es gemeinsame Merkmale mit dem Objekt aufweisen muß" 
        (ebd.).
  Eine zentrale Aussage von Peirce besteht darin, dass nichts ein 
        Zeichen ist, wenn es nicht als solches interpretiert wird. Insofern darf 
        die Einteilung in Zeichenklassen nicht darüber hinwegtäuschen, 
        dass die Zeichen erst im Bewusstsein eines Interpreten entstehen, der 
        die Beziehungen der triadischen Relation herstellt. Von diesem Vorgang 
        der Entstehung eines Zeichens durch den Prozess der Interpretation als 
        solches grenzt Peirce die zeichenkonstitutive Beschaffenheit des Zeichens 
        ab: "Kein Zeichen fungiert nämlich als ein Zeichen, bevor es 
        einen tatsächlichen Interpretanten hat, doch wirkt jedes Zeichen 
        als ein Zeichen aufgrund seiner zeichenkonstitutiven Beschaffenheit 
        (significant character), die nicht notwendig davon abhängt, daß 
        es einen Interpretanten besitzt und also ein Zeichen ist, nicht einmal 
        davon, daß es ein Objekt hat ... oder existiert" (Peirce 
        1983, S. 64). Zitierte Literatur: Arroyabe, Estanislao (1982): Peirce. Eine Einführung in sein Denken. 
        Hanstein: Athenäum Lenke, Nils/ Lutz, Hans-Dieter/ Sprenger, Michael (1995): Grundlagen 
        sprachlicher Kommunikation: Mensch, Welt, Handeln, Sprache, Computer. 
        München: Wilhelm Fink Nagl, Ludwig (1992): Charles Sanders Peirce. Frankfurt a. M.: Campus 
        Verlag Nöth, Winfried (1975): Semiotik. Tübingen: Niemeyer Peirce, Charles Sanders (1966): Collected Papers of Charles Sanders Peirce. 
        Hrsg. v. Hartshorne, Charles/ Weiss, Paul, Vol. 1-6. Cambridge: Harvard 
        University Press Peirce, Charles Sanders (1967): Schriften zum Pragmatismus und Pragmatizismus. 
        Hrsg. von Karl-Otto Apel. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Peirce, Charles Sanders (1983): Phänomen und Logik der Zeichen. 
        Hrsg. u. übersetzt von Helmut . Pape. Frankfurt a.M.: SuhrkampVornamen: siehe zitierte Literatur
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