So lautet der Titel eines Beitrages im Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Untertitel: “Deutschland im Griff der Stromkonzerne”. Der Artikel befindet sich nicht etwa in der aktuellen Ausgabe, sondern ist fast 15 Jahre alt. Er erschien im November 1995. Trotzdem ist er an Aktualität fast nicht zu übertreffen und auch heute noch lesenswert. “Der Staat der Stromer” zeigt: Die großen Energieversorger verhalten sich auf dem politischen Parkett wie eh und je. Sie drohen, üben Druck aus, erhöhen die Strompreise und kassieren ab, wie es ihnen gerade passt.
Der Artikel ist ein Rundumschlag, eine Generalabrechnung mit den Energieversorgern. Der politische Stil, den diese schon damals pflegten, wird etwa am Beispiel des Braunkohletagebaus in Garzweiler deutlich. Dort hatte 1995 die neue rot-grüne Koalition in NRW die Ausdehnung des Reviers in Frage gestellt. RWE, das den Tagebau betrieb, drohte umgehend mit einem Investitionsstopp. Man müsse Ausgaben in Höhe von 20 Milliarden DM für neue Kraftwerkstechnik stornieren, tausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, lautete der Warnschuss in Richtung Regierung. Die Taktik ist heute noch die Gleiche. Als die Bundesregierung vor einigen Wochen die Brennelementsteuer kommunizierte, drohten die Konzerne mit der sofortigen Abschaltung einiger AKW und einem Investitionstopp. Das Ergebnis war damals das gleiche wie heute. Garzweiler II, so der Name des Ausbauplans für den Braunkohletagebau wurde 1995 von der SPD-Regierung genehmigt. Vor einigen Tagen, am vorletzten Sonntag, haben die Energieversorger mit der Laufzeitverlängerung ihre politischen Ziele erreicht: “Am Sonntag war schönes Wetter”, zitiert der aktuelle Spiegel einen Atomlobbyisten.
Was uns Garzweiler gebracht hat, können wir heute einschätzen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat gerade in diesen Tagen, am 11.Septemer 2010, einen umfassenden Beitrag auf der Seite drei gebracht. Überschrift: “Das Gegenteil von Landschaft”. Garzweiler, so der Artikel, ist heute das größte Loch Europas: “Im Westen des Lochs fressen die Bagger die Landschaft weg, im Osten schütten sie wieder auf, und das noch bis ins Jahr 2045 [...]. Vom Rand der Grube blickt man fast 250 Meter in die Tiefe. Das 28 Quadratkilometer große Betriebsgelände reicht bis zum Horizont”, schreibt die FAZ. Schon heute will Garzweiler niemand mehr, trotzdem läuft die Genehmigung bis 2045. Das Braunkohlerevier “steht dem neuen Energiezeitalter im Weg”, heißt es im Teaser des Beitrags.
Doch zurück zum Spiegel-Artikel 1995. Der geht natürlich auch auf die Atomenergie ein: “Ein phantastisches Milliardenspiel wurde erst recht das Geschäft mit den Atomkraftwerken”, schreiben die Spiegelredakteure. Sie zeigen, wie die Betreiber sogar mit Pleitereaktoren wie Mühlheim-Kärlich und mit dem Atommüll abkassieren: “Das Zauberwort für die atomgetriebene Geldvermehrung heißt Rückstellung. Weil niemand genau weiß, wie teuer das endgültige Atommüllgrab und vor allem der spätere Abriß der verstrahlten Atomzentralen werden, langen deren Betreiber per Stromrechnung schon vorab kräftig zu. [...] Gleichzeitig verbreitet die nukleare Zugewinngemeinschaft bis heute die Mär, Atomstrom sei die billigste Energiequelle.”
Was lehrt uns der Artikel? Er zeigt, dass wir eigentlich schon mal weiter waren. Der geplante Atomausstieg hätte die Struktur der Energieversorgung vermutlich nachhaltig verändert. Das Energiekonzept der Bundesregierung mit den Laufzeitverlängerungen hingegen ist, entgegen den Aussagen der Bundeskanzlerin, keine Revolution. Er ist – wenn wir bei diesen Begrifflichkeiten bleiben wollen – Konterrevolution. Es katapultiert uns energiepolitisch zurück ins 20 Jahrhundert.
Der Staat der “Stromer”
So lautet der Titel eines Beitrages im Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Untertitel: “Deutschland im Griff der Stromkonzerne”. Der Artikel befindet sich nicht etwa in der aktuellen Ausgabe, sondern ist fast 15 Jahre alt. Er erschien im November 1995. Trotzdem ist er an Aktualität fast nicht zu übertreffen und auch heute noch lesenswert. “Der Staat der Stromer” zeigt: Die großen Energieversorger verhalten sich auf dem politischen Parkett wie eh und je. Sie drohen, üben Druck aus, erhöhen die Strompreise und kassieren ab, wie es ihnen gerade passt.
Der Artikel ist ein Rundumschlag, eine Generalabrechnung mit den Energieversorgern. Der politische Stil, den diese schon damals pflegten, wird etwa am Beispiel des Braunkohletagebaus in Garzweiler deutlich. Dort hatte 1995 die neue rot-grüne Koalition in NRW die Ausdehnung des Reviers in Frage gestellt. RWE, das den Tagebau betrieb, drohte umgehend mit einem Investitionsstopp. Man müsse Ausgaben in Höhe von 20 Milliarden DM für neue Kraftwerkstechnik stornieren, tausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, lautete der Warnschuss in Richtung Regierung. Die Taktik ist heute noch die Gleiche. Als die Bundesregierung vor einigen Wochen die Brennelementsteuer kommunizierte, drohten die Konzerne mit der sofortigen Abschaltung einiger AKW und einem Investitionstopp. Das Ergebnis war damals das gleiche wie heute. Garzweiler II, so der Name des Ausbauplans für den Braunkohletagebau wurde 1995 von der SPD-Regierung genehmigt. Vor einigen Tagen, am vorletzten Sonntag, haben die Energieversorger mit der Laufzeitverlängerung ihre politischen Ziele erreicht: “Am Sonntag war schönes Wetter”, zitiert der aktuelle Spiegel einen Atomlobbyisten.
Was uns Garzweiler gebracht hat, können wir heute einschätzen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat gerade in diesen Tagen, am 11.Septemer 2010, einen umfassenden Beitrag auf der Seite drei gebracht. Überschrift: “Das Gegenteil von Landschaft”. Garzweiler, so der Artikel, ist heute das größte Loch Europas: “Im Westen des Lochs fressen die Bagger die Landschaft weg, im Osten schütten sie wieder auf, und das noch bis ins Jahr 2045 [...]. Vom Rand der Grube blickt man fast 250 Meter in die Tiefe. Das 28 Quadratkilometer große Betriebsgelände reicht bis zum Horizont”, schreibt die FAZ. Schon heute will Garzweiler niemand mehr, trotzdem läuft die Genehmigung bis 2045. Das Braunkohlerevier “steht dem neuen Energiezeitalter im Weg”, heißt es im Teaser des Beitrags.
Doch zurück zum Spiegel-Artikel 1995. Der geht natürlich auch auf die Atomenergie ein: “Ein phantastisches Milliardenspiel wurde erst recht das Geschäft mit den Atomkraftwerken”, schreiben die Spiegelredakteure. Sie zeigen, wie die Betreiber sogar mit Pleitereaktoren wie Mühlheim-Kärlich und mit dem Atommüll abkassieren: “Das Zauberwort für die atomgetriebene Geldvermehrung heißt Rückstellung. Weil niemand genau weiß, wie teuer das endgültige Atommüllgrab und vor allem der spätere Abriß der verstrahlten Atomzentralen werden, langen deren Betreiber per Stromrechnung schon vorab kräftig zu. [...] Gleichzeitig verbreitet die nukleare Zugewinngemeinschaft bis heute die Mär, Atomstrom sei die billigste Energiequelle.”
Was lehrt uns der Artikel? Er zeigt, dass wir eigentlich schon mal weiter waren. Der geplante Atomausstieg hätte die Struktur der Energieversorgung vermutlich nachhaltig verändert. Das Energiekonzept der Bundesregierung mit den Laufzeitverlängerungen hingegen ist, entgegen den Aussagen der Bundeskanzlerin, keine Revolution. Er ist – wenn wir bei diesen Begrifflichkeiten bleiben wollen – Konterrevolution. Es katapultiert uns energiepolitisch zurück ins 20 Jahrhundert.